Elektrostatische Entladungen mindern Produktqualität in der Industrie

Grundlagen zum ESD-Schutz 

Ein Griff an die Autotür und schon bekommt man einen leichten Stromschlag, eine sogenannte elektrostatische Entladung (ESD). Dass diese für Menschen erst ab einer Schwelle von 3.500 Volt spürbar ist, macht sie zum Risikofaktor für die Produktion oder Weiterverarbeitung elektronischer Bauteile: Dort führt bereits eine Entladung von 100 Volt zur Vorschädigung der Bauteile; von Mitarbeitern bemerkt wird ein solcher Vorfall jedoch selten. Nicht identifizierte ESD bedrohen nicht nur die Produktqualität, sondern langfristig auch den Unternehmenserfolg. Wichtig ist also die konsequente Umsetzung eines ESD-Schutzkonzepts.

 

Wie der Blitzschlag während eines Gewitters, nur in einem extrem verkleinerten Maßstab – damit sind die Auswirkungen von ESD (engl. electrostatic discharge) auf elektronische Bauteile vergleichbar. Das Problem: Die Entladungen werden in der Industrie entweder aufgrund des mangelnden Wissens um die Problematik nicht erkannt oder ihre Auswirkungen einfach unterschätzt. Sie können jedoch bei fehlenden Schutzvorkehrungen schon bei der Annahme gefährdeter elektronischer Bauteile im Wareneingang eines Unternehmens über die gesamte Produktionskette bis zur Auslieferung an den Kunden auftreten.

 

Risikofaktoren und Auswirkungen von ESD

Damit eine elektrostatische Entladung überhaupt zustande kommt, muss zunächst eine Aufladung erfolgen. Diese entsteht durch Reibung, Trennung oder den einfachen Kontakt von zwei beliebigen Materialien mit unterschiedlichen elektrostatischen Potenzialen. Bei zwei gleichen Materialien können Feuchtigkeit oder Verunreinigungen die Ursache für vorhandene Potenzialunterschiede sein. Begünstigende Faktoren sind synthetische Kleidung und isolierende Schuhe, ungeeignete Werkzeuge und Betriebsmittel, Teppichböden und normale Bürostühle. Die Ladungsübertragung auf ein elektrisches Bauteil kann aber auch über bereits aufgeladenes Material in der direkten Umgebung geschehen. Beim Menschen reicht für eine Aufladung oft schon das bloße Laufen über einen Fußboden. Beim späteren Kontakt zweier unterschiedlich aufgeladener Materialien kommt es zum unkontrollierten Ladungsausgleich.

Von ESD geschädigte elektronische Bauteile zeigen bei nachträglichen Überprüfungen mit Elektronenmikroskopen sichtbare Aufschmelzungen und Krater auf der Siliziumoberfläche. Je feiner die einzelnen Strukturen eines Teils – beispielsweise eines elektronischen Chips – sind, desto empfindlicher sind sie gegenüber ESD. Eine Besonderheit von ESD ist die Tatsache, dass es das betroffene Bauteil oft nicht sofort unbrauchbar macht. Stattdessen zeigt es bei der Qualitätssicherung zunächst keine fehlerhaften Funktionen, wird mit beschädigten Transistoren und Leiterbahnen für nachfolgende Schritte in der Wertschöpfungskette weiterverwendet oder direkt an einen Kunden ausgeliefert.

 

(Wirtschaftliche) Folgen der Beschädigungen

Wird das beschädigte Bauteil an den Kunden ausgeliefert, kann der dortige Ausfall etliche Folgen nach sich ziehen. Zu den Konsequenzen von ESD-Schäden, die auf den ersten Blick offensichtlich sind, gehören Reklamationen, Garantieleistung sowie Ausschuss- und Reparaturkosten. Es kann aber auch passieren, dass Kunden Zahlungen aussetzen, bis die einwandfreie Funktion der gelieferten Bauteile nachgewiesen ist. Aufwendiger als die Umsetzung eines ESD-Schutzkonzeptes sind dabei oft die notwendige Entwicklungsverifizierung und die nachträgliche Fehlersuche bei ESD-Schäden. Zudem erschüttern beschädigte elektronische Bauteile aus der eigenen Produktion mittelfristig das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen. Kommt es zu Ausfällen in produktionskritischen Bereichen, führt dies im schlimmsten Fall zu Produkthaftungsschäden oder sogar zum Verlust des Lieferantenstatus. Für die Mitarbeiter in der Produktion ist das frustrierend, da sie ohne sichtbares Schadensereignis und aufgrund fehlenden ESD-Wissens den Fehler nicht identifizieren können. Diese Vielzahl unterschiedlicher Risikofaktoren stellt entsprechende Anforderungen an den ESD-Schutz, die im Rahmen eines Schutzkonzepts auch dauerhaft zu 100 Prozent umgesetzt werden müssen.

 

ESD-Schutzkonzept benötigt ausgebildetes Personal

Da ein ESD von unterschiedlichsten Faktoren innerhalb einer Produktionsumgebung ausgelöst werden kann, muss ein wirksamer Schutz aktiv im gesamten Unternehmen etabliert und regelmäßig überprüft werden. Die DIN EN 61340-5-1 sieht hierzu ein ESD-Kontrollprogramm vor, in dem die wesentlichen Bestandteile eines individuellen Konzepts für alle Mitarbeiter verbindlich dokumentiert sind. Dazu gehört ein Schutzverfahren für die gesamte Prozesskette, inklusive Zulieferern und Kunden. Die ESD-Koordinatoren und Mitarbeiter müssen gut ausgebildet sein und normgerechte Schutzkleidung tragen. In den ebenfalls normgerecht eingerichteten Schutzzonen müssen alle relevanten Punkte täglich kontrolliert werden. Außerdem zählen die Einhaltung des Personenschutzes und regelmäßige interne Audits zu den Vorgaben.

Integraler Bestandteil für die Umsetzung ist ein entsprechend ausgebildetes Personal mit Verständnis für die ESD-Problematik. Für diesen Zweck hat die item Industrietechnik GmbH beispielsweise einen kostenfreien E-Learning-Kurs für ihre Lernplattform item Academy entwickelt. In vier Lektionen erhalten Mitarbeiter einen kompakten und verständlichen Überblick über das Thema. Ausgehend von den Hintergründen von ESD wird die damit verbundene Problematik in den folgenden Lektionen multimedial und interaktiv aufbereitet. Dabei wird auch deutlich, welchen Anteil jeder Mitarbeiter an der verlässlichen Umsetzung eines ESD-Schutzkonzepts hat. Bestandteile des Kurses sind zudem der Umgang mit ESD-sensitiven Bauteilen, praktische Tipps zur Vermeidung von ESD-Schäden und das richtige Verhalten von Mitarbeitern innerhalb der Electrostatic Protected Area (EPA). Die beiden Whitepaper „ESD-Schutz-Grundlagen“ und „10 goldene Regeln im ESD-Schutz“ ergänzen das E-Learning-Angebot von item und bieten alle Daten und Fakten rund um das Thema ESD auf einen Blick.

 

Arbeiten innerhalb der EPA

Bei der sogenannten EPA handelt es sich um eine ESD-Schutzzone. Dabei kann es sich um einen einzelnen Arbeitsplatz, eine definierte Fläche oder ein ganzes Gebäude handeln. Grundlage ist, dass elektronische Bauteile nur in diesen Bereichen gehandhabt oder montiert werden dürfen. Zu diesem Zweck müssen alle verwendeten Materialien ableitfähig und auf gleichem Potenzial geerdet sein. Elektrostatische Aufladungen und Potenzialunterschiede werden dadurch sicher vermieden. Im Gegensatz zu ungeschützten Bereichen (UPA) darf eine EPA nur von geschultem Personal und unterwiesenen Besuchern mit entsprechender Schutzausrüstung betreten werden. Die Handhabung ESD-sensitiver Bauteile darf darüber hinaus ausschließlich durch geschulte Mitarbeiter erfolgen. 

Es gibt zahlreiche Bestandteile, die in jeder EPA integral sind. Mit einem speziellen, leitfähigen ESD-Boden beispielsweise werden elektrische Aufladungen, wie sie etwa beim Gehen eines Mitarbeiters entstehen können, sicher abgeleitet. Allerdings nutzt er wenig, wenn Personen in diesem Bereich keinen elektrischen Kontakt zum Boden haben. Normale Schuhe wirken oft wie Isolatoren. Leitfähige Schuhe oder Schuherdungsbänder verbinden den Körper hingegen leitfähig mit dem ESD-Boden. Eine niedrige Luftfeuchtigkeit wirkt zudem als Multiplikator bei der Entstehung elektrostatischer Aufladungen. Falls baubedingt machbar, sollte die relative Luftfeuchtigkeit in den zu schützenden Bereichen auf einem Wert von mindestens 30 Prozent gehalten werden.

Soweit möglich, dürfen generell keine aufladbaren Materialien im Handhabungsbereich verwendet werden. Insbesondere bei jedem Transport und der Lagerung ist auf einen ausreichenden Schutz der Elektronikteile, zum Beispiel durch entsprechende Behälter und Wagen, zu achten. Die Profil- und Verbindungstechnik von item kann beispielsweise grundsätzlich ableitfähig ausgelegt werden. Insgesamt sollten alle verwendeten Bauteile als ESD-sensitiv betrachtet werden, auch wenn das tatsächliche Risiko je nach Material und Bauweise schwankt.

 

Fazit

Risikofaktoren für elektrostatische Aufladungen finden sich an praktisch jedem Punkt der Prozesskette; genauso vielfältig sind die Ursachen für einen ESD-Schaden. Schon bei der Lieferung und Lagerung, aber auch noch bei der Qualitätssicherung können Bauteile beschädigt werden. Während der Produktion und Montage sind unzureichend geschützte Anlagen, Einrichtungen und Mitarbeiter ein Risiko. Um solche Vorschädigungen mit langfristig gravierenden Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg bestmöglich auszuschließen, braucht es ein umfassendes und konsequent gelebtes ESD-Schutzkonzept – auch in Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern und Dienstleistern.

 

Umfang: 8.813 Zeichen inklusive Leerzeichen 

Datum: 22. März 2022

Bilder: 3

Bildunterschrift 1:  Eine ESD-Schutzzone, auch EPA genannt, darf nur von geschultem Personal und unterwiesenen Besuchern mit entsprechender Schutzausrüstung betreten werden. Quelle: item

Bildunterschrift 2: Von ESD geschädigte Bauteile zeigen bei nachträglichen Überprüfungen mit Elektronenmikroskopen sichtbare Aufschmelzungen und Krater auf der Siliziumoberfläche. Quelle: item

Bildunterschrift 3: Als Träger und Überträger von Aufladungen muss der Mitarbeiter beim Handling von ESD-sensitiven Bauteilen ein ESD-Armband als Schutz gegen elektrostatische Aufladungen tragen. Quelle: item

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